URLAUB

Urlaub – Bekanntes und Unbekanntes

Gerade im Urlaubsrecht werden zunehmend althergebrachte Prinzipien durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gekippt. Was bislang selbstverständlich galt, gilt nun nicht mehr. Wir versuchen hier, ein wenig Licht in den Dschungel der aktuell geltenden Rechtslage zu bringen, die mit dem Gesetzeswortlaut oft nicht mehr übereinstimmt.

1. Von Gesetzes wegen haben Mitarbeiter einen Anspruch auf 20 Urlaubstage (bezogen auf eine 5-Tage-Woche). In besonderen Fällen gewährt das Gesetz zusätzlichen Urlaub (z.B. für Schwerbehinderte +5 Tage). Vertraglich werden nicht selten weitere Urlaubstage vereinbart. Der Anspruch auf Bildungsurlaub tritt ebenfalls noch hinzu; er soll aber nicht Gegenstand der vorliegenden Betrachtung sein.

2. Der gesetzliche Urlaubsanspruch ist unabdingbar, kann also insb. im Arbeitsvertrag nicht unterschritten werden.

3. Der volle Urlaubsanspruch entsteht erstmals nach Ablauf von sechs Monaten. Das gilt auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis unterjährig, etwa zum 1. April, begonnen hat. In den Folgejahren entsteht der Jahresurlaubsanspruch jeweils zum 1. Januar in vollem Umfang und nicht etwa mit jedem Monat für 1/12.

4. Der Urlaubsanspruch erlischt im Grundsatz mit Ende des Kalenderjahres. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muss der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. So jedenfalls steht es in §7 Bundesurlaubsgesetz. Aber gerade hier hat der EuGH wichtige abweichende Vorgaben gemacht, die zu beachten sind.

  1. Das gilt zunächst für (dauerhaft) arbeitsunfähige Mitarbeiter. Deren Urlaubsanspruch verfällt anders als sich dem Gesetzeswortlaut entnehmen lässt erst 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres (Urlaubsansprüche aus dem Jahr 2020 also zum 31. März 2022).
  2. Aber auch für gesunde Mitarbeiter tritt der Verfall nur ein, wie das BAG jüngst formuliert hat, „wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor konkret aufgefordert hat, den Urlaub zu nehmen, und ihn klar und rechtzeitig darauf hingewiesen hat, dass der Urlaub anderenfalls mit Ablauf des Urlaubsjahres oder Übertragungszeitraums erlischt.“ Geschieht das nicht, überträgt sich der Urlaubsanspruch also über den 31. März des Folgejahres hinaus weiter – sehr gefährlich für Arbeitgeber.
  3. Die vorstehend unter a) und b) geschilderten Grundsäte gelten jedenfalls für den gesetzlichen Mindesturlaub. Für Urlaub, den der Arbeitgeber darüber hinaus etwa auf vertraglicher Grundlage erbringt, kann Abweichendes vereinbart werden. Fehlt eine abweichende Regelung, gilt meist das gleiche wie für die gesetzlichen Ansprüche.

5. Die Festlegung des Urlaubs erfolgt durch den Arbeitgeber, ist aber vom Arbeitnehmer geltend zu machen. Die Lage des Urlaubs richtet sich maßgeblich nach den Wünschen des Arbeitnehmers, es sei denn, dass ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Lehnt der Arbeitgeber einen Urlaubsantrag ab, muss er verklagt werden. Selbstbeurlaubung kann eine fristlose Kündigung rechtfertigen.

6. Das während des Urlaubs zu zahlende Ent­gelt (also die Vergütung) bemisst sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, das der Arbeitnehmer in den letzten dreizehn Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat, mit Ausnahme des zusätzlich für Überstunden gezahlten Arbeitsverdienstes. Bei Verdiensterhöhungen nicht nur vorübergehender Natur, die während des Berechnungszeitraums oder des Urlaubs eintreten, ist von dem erhöhten Verdienst auszugehen.

Was viele nicht wissen und was regelmäßig in der Praxis falsch gemacht wird: Das Urlaubsentgelt ist vor Antritt des Urlaubs auszuzahlen (§11 Absatz 2 BUrlG).

7. Vom „Urlaubsentgelt“ (Ziffer 6) zu trennen sind das „Urlaubsgeld“ und die „Urlaubsabgeltung“. Das Urlaubsgeld ist eine zusätzliche meist freiwillige Leistung des Arbeitgebers (so wie das „Weihnachtsgeld“), die Urlaubsabgeltung ist der finanzielle Ausgleich bei Ende des Arbeitsverhältnisses für den bis dahin nicht genommenen Urlaub. Während laufenden Arbeitsverhältnisses kann der Urlaub nicht abgegolten = dem Mitarbeiter abgekauft werden.

Haben Sie Fragen, die wir in dieser kurzen Übersicht nicht besprochen haben? Dann nehmen Sie Kontakt mit uns auf, wir helfen gerne zeitnah weiter.