§616 BGB regelt, dass man als Arbeitnehmer seinen Vergütungsanspruch behält, wenn man für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Typische Fälle sind der eigene Hochzeitstag, Arztbesuche, runde Geburtstage naher Verwandter, erkrankte Kinder etc. Das Oberverwaltungsgericht Münster hat nun in einem Urteil vom 10. März 2023 (Az. 18 A 563/22) entschieden, dass ein Arbeitgeber aufgrund dieser Norm verpflichtet sei, seinen Arbeitnehmern bis zu 6 Wochen lang den Lohn fortzuzahlen, wenn diese coronabedingt in Quarantäne müssen. Das geht weit über das hinaus, was die Arbeitsgerichte bislang unter einer „verhältnismäßig nicht erheblichen Zeit“ verstanden haben. Das Gericht hat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen.
Praxishinweis: §616 BGB ist disponibel. Das bedeutet, er kann einerseits in Tarifverträgen ausgeschlossen oder eingeschränkt werden (z.B. §29 TVöD). Andererseits kann er auch in Arbeitsverträgen für nicht oder nur teilweise anwendbar erklärt werden, wobei streitig ist, ob dies auch in vorformulierten Verträgen zulässig ist. Dennoch: Keine Korrektur zu regeln ist schlechter als es nicht zu versuchen. Prüfen Sie daher Ihre Standardverträge, ob sie angepasst werden müssen.
Walther Grundstein
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht