Mindestlohn und Sachbezug

Immer wieder erreichen uns Anfragen, ob der Anspruch auf den Mindestlohn auch durch die Gewährung von Sachbezügen erfüllt werden könne. Auch eine aktuelle Entscheidung des Bayerischen Oberlandesgerichtes geht dieser Frage nach.

  1. Den Ideen von Arbeitgebern sind hier keine Grenzen gesetzt. Manche wollen ihre Mindestlohnmitarbeiter mit einem Dienstwagen beglücken, in der Gastronomiebranche werden oft Versuche unternommen, Kost und Logis gegenzurechnen.
  2. Dabei ist klar: Das Mindestlohngesetz bezweckt, jedem Arbeitnehmer ein existenzsicherndes Monatseinkommen zu gewährleisten. Diesem Ziel entsprechend fordern §§ 1 und 2 MiLoG mit dem Begriff der „Zahlung“ und der Nennung eines Eurobetrags in „brutto“ eine Entgeltleistung in Form von Geld.

Das hat das Bundesarbeitsgericht bereits in 2016 entschieden (BAG NZA 2016, 1327). Dem hat sich das BayObLG nun im Rahmen eines Bußgeldverfahrens angeschlossen (NZA 2021, 428). Es unterstreicht, dass der Gesetzgeber „keinerlei Ausnahmen von der Verpflichtung zur Zahlung des Mindestlohns zulassen wollte.“

Das gelte auch dann, wenn der Arbeitnehmer nicht auf die Zahlung angewiesen sei, um seine Existenz zu sichern.

  1. Ein weiteres kommt hinzu, wie auch das BayObLG konstatiert: §107 Absatz 2 Satz 1 Gewerbeordnung stellt zwar klar, dass „Arbeitgeber und Arbeitnehmer Sachbezüge als Teil des Arbeitsentgelts vereinbaren (können), wenn dies dem Interesse des Arbeitnehmers oder der Eigenart des Arbeitsverhältnisses entspricht.“

Das bedeutet aber schon im Ansatz nicht, dass dadurch auch der Mindestlohn, der im MiLoG eine gesonderte Regelung erfahren hat, ersetzt werden darf. Jedenfalls aber enthält §107 Absatz 2 Satz 5 eine klare Grenze: Der Wert der vereinbarten Sachbezüge … auf das Arbeitsentgelt darf die Höhe des pfändbaren Teils des Arbeitsentgelts nicht übersteigen.

Das bedeutet: Wenn man – entgegen der Meinung des Bundesarbeitsgerichtes und des BayObLG – die Auffassung vertritt, der Mindestlohn könne auch in Form von Sachleistungen erbracht werden, ist das allenfalls in Höhe des Betrages zulässig, um den der Mindestlohn die Pfändungsfreigrenze übersteigt.

  1. Wer das als Arbeitgeber nicht beachtet, sieht sich nicht nur Nachzahlungsansprüchen ausgesetzt, sondern auch einem Ordnungswidrigkeitsverfahren. Im konkreten, vom BayObLG entschiedenen Fall wurde eine Geldbuße von 2.000 EUR fällig. Der Zoll, dessen Entscheidung vor Gericht angefochten worden war, hatte noch 10.000 EUR festgesetzt.

Davon hätte man den Mindestlohnempfänger ziemlich lange „in Form von Geld“ entlohnen können.

Walther Grundstein, Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht