Insolvenz der Mieterin (GmbH) steht Kündigung nicht entgegen

Laufzeitvereinbarungen von über einem Jahr bedürfen bzgl. Mietverträgen der Schriftform (§ 550 BGB). Ist das Schriftformerfordernis nicht gewahrt, ist die Laufzeitabrede unwirksam und der Vertrag jederzeit unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen kündbar. In bestimmten Fällen kann es treuwidrig sein, sich auf die Unwirksamkeit der Laufzeitabrede zu berufen (vgl. unsere Praxisinformation vom 27.01.2023). Eine vorzeitige Kündigung ist dann nicht möglich. Wann dies der Fall ist, ist gesetzlich nicht geregelt und durch die Rechtsprechung zu klären. In diesem Zusammenhang hatte sich nun das Kammergericht Berlin (Urteil vom 07.11.2022, Az. 8 U 157/21) mit der Frage zu beschäftigen, ob es treuwidrig ist, sich auf die Unwirksamkeit der Laufzeitabrede auf Grund eines Schriftformverstoßes zu berufen, wenn im Falle einer Räumung die Insolvenz des Mieters, hier einer GmbH, droht. Das Gericht sah kein treuwidriges Verhalten. Eine GmbH könne sich – anders als Menschen, deren Würde einschließlich wirtschaftlicher Existenz durch Art. 1 GG geschützt ist – nicht auf die Gefährdung ihrer Existenz berufen. Dies nicht zuletzt, da die Gesellschafter die finanzielle Ausstattung der Gesellschaft in der Hand hätten und so die Voraussetzungen für ein treuwidriges Verhalten sonst schaffen könnten.

Lars Stich
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht