Gewerberaummiete: Mietminderung bei Flächenabweichung?

Immer wieder kommt es vor, dass die im Gewerberaummietvertrag angegebene Mietfläche von der tatsächlich vor Ort gegebenen Mietfläche abweicht. Ab welcher Flächenabweichung liegt ein Mangel vor? Und berechtigt ein solcher Mangel zur Mietminderung?

1. Ausgangslage Minderung bei Mietmangel

Gem. § 536 Abs. 1 BGB ist der Mieter, wenn die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel hat, der ihre Nutzung vollständig unmöglich macht, für die Zeit, in der die Nutzung nicht möglich ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Gleiches gilt, wenn während der Mietzeit ein solcher Mangel entsteht. Liegt lediglich eine teilweise Nutzungsbeeinträchtigung vor, hat der Mieter eine angemessen herabgesetzte Miete zu zahlen. Liegt nur eine unerhebliche Nutzungsbeeinträchtigung vor, besteht kein Minderungsrecht.

Es kommt somit stets darauf an, ob die Ist-Beschaffenheit des Mietobjektes von der Soll-Beschaffenheit abweicht und ob daraus eine Nutzungsbeeinträchtigung zu Lasten des Mieters  hervorgeht.

Gemäß dem Bundesgerichtshof liegt ein Sachmangel i.S.d. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB vor, wenn die vertraglich vereinbarte durch die dem Mieter vom Vermieter tatsächlich überlassene Fläche unterschritten wird (BGH, Urteil vom 30. Mai 2018 – VIII ZR 220/17).

2. Entscheidung des BGH (Urteil vom 25. November 2020 – XII ZR 40/19)

Mit dem Thema der Flächenabweichung im Gewerberaum hatte sich der BGH (Urteil vom 25. November 2020 – XII ZR 40/19) in einer nunmehr bekannt gewordenen Entscheidung zu beschäftigen. Im Fall der Flächenabweichung im Gewerberaum gilt gem. BGH folgendes:

  1. Der BGH geht im Falle der Flächenabweichung weiterhin von dem Vorliegen eines Sachmangels aus.
  2. Im Bereich des Wohnraummietrechts hatte der BGH entschieden, dass bereits dann eine erhebliche Nutzungsbeeinträchtigung gegeben ist, wenn die Flächenabweichung mehr als 10 % beträgt (BGH Urteil vom 30. Mai 2018 – VIII ZR 220/17). Diese Rechtsprechung gilt auch im Gewerberaummietrecht.
  3. Überschreitet die Flächenabweichung die Grenze von 10 %, muss der Mieter nicht gesondert darlegen, dass eine Nutzungsbeeinträchtigung gegeben ist.
  4. Bei einer Flächenabweichung von unter 10 % ist eine Mietminderung aber auch nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Der Mieter kann sich in diesem Fall zwar nicht auf die Vermutung der Nutzungsbeeinträchtigung berufen. Sofern er aber in diesem Fall konkret darlegen und im Streitfall beweisen kann, dass durch die Flächenabweichung die Nutzung beeinträchtigt ist, ist gleichwohl eine Minderung der Miete möglich.

Flächenabweichungen müssen vom Mieter damit – auch wenn sie weniger als 10 % betragen – nicht akzeptiert werden. Es können Minderungsrechte geltend gemacht werden.

Für Rückfragen stehen wir Ihnen gern zur Verfügung.

Lars Stich
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht