Bundesarbeitsgericht: Neue Entwicklung zur Verjährung von Urlaubsabgeltungsansprüchen

Das Bundesarbeitsgericht hat mit zwei Urteilen vom 31.1.23 (Az. 9 AZR 244/20 und 9 AZR 456/20) seine Rechtsprechung zum Urlaubsrecht fortgeführt. Vor wenigen Wochen noch hat es entschieden, dass im bestehenden Arbeitsverhältnis Urlaubsansprüche solange nicht verjähren, als der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht transparent und deutlich über seine Ansprüche informiert und aufgefordert hat, seinen Urlaub in Anspruch zu nehmen. Das hat Befürchtungen geweckt, dass das auch in den Fällen gilt, in denen das Arbeitsverhältnis schon beendet ist, der Arbeitgeber aber während laufenden Arbeitsverhältnisses die gebotenen Hinweise unterlassen hatte. Das hätte dazu geführt, dass nach Jahr und Tag die Urlaubsansprüche nachträglich abzugelten gewesen wären.

Das Bundesarbeitsgericht hat nun klargestellt, dass Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche unterschiedlich zu behandeln sind. Urlaubsabgeltungsansprüche sind anders als Urlaubsansprüche nicht auch auf Freistellung von der Arbeit gerichtet, sondern nur auf Zahlung von Geld. Deswegen sei es gerechtfertigt, die üblichen tariflichen Verfallfristen und Verjährungsregeln anzuwenden. Allerdings begönnen die entsprechenden Fristen erst im November 2018 zu laufen, weil seinerzeit der Europäische Gerichtshof das Urlaubsrecht neu konturiert habe und vorher damit nicht zu rechnen war.

Das führte in einem der beiden entschiedenen Fälle dazu, dass der Arbeitgeber verurteilt wurde, rund 37.000 EUR Abgeltung für Urlaubsansprüche der Jahre 2007 bis 2010 zu zahlen, auf die er in 2019 verklagt worden war. Das Arbeitsverhältnis hatte in 2015 geendet.

Das bedeutet aus heutiger Sicht, dass für Arbeitsverhältnisse, die spätestens in 2019 geendet haben, keine Nachforderung von Urlaubsabgeltungsansprüche mehr zu befürchten sind, weil die entsprechenden Ansprüche zu Ende 2022 verjährt sind. Für Arbeitsverhältnisse, die in 2020 oder später geendet haben, können Arbeitnehmer noch auf Abgeltung z.B. solcher Urlaubsansprüche klagen, bei denen man im laufenden Arbeitsverhältnis ausgegangen war, sie seien zum 31.12. oder spätestens 31.3. des Folgejahres verfallen. Etwas anderes gilt, wenn auf das Arbeitsverhältnis ein Tarifvertrag anzuwenden ist, der Ausschlussfristen enthält, die kürzer als drei Jahre sind.

Walther Grundstein
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht