Immer wieder müssen sich die Gerichte mit Entschädigungsansprüchen schwerbehinderter Menschen wegen einer Benachteiligung im Bewerbungsverfahren auseinandersetzten (AGG). Dabei kann eine Entschädigungspflicht schon dann entstehen, wenn der Arbeitgeber nicht alle diesbezüglichen formalen Vorgaben im Bewerbungsverfahren eingehalten hat (Indizwirkung).
Das BAG hat jetzt eine Entscheidung zu diesem Thema veröffentlicht, in der es um einen Bewerber ging, der kurz zuvor im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung durch Vergleich bei dem Arbeitgeber ausgeschieden war, bei dem er sich anschließend beworben hatte. Es handelte sich um einen öffentlichen Arbeitgeber, der gem. § 165 SGB IX verpflichtet ist, alle schwerbehinderten Bewerber zum Vorstellungsgespräch einzuladen, wenn ihnen die fachliche Eignung nicht offensichtlich fehlt.
Aus der umfangreichen Entscheidung können zwei wesentliche Erkenntnisse gewonnen werden:
- Zweifel an der charakterlichen Eignung für die Stelle entbinden nicht von der Verpflichtung zur Einladung zum Vorstellungsgespräch.
- Ein Arbeitnehmer, der im Vorverfahren schwerste Vorwürfe gegen noch im Betrieb Beschäftigte wegen gezielten Mobbings erhoben hat und erklärt hat, dass er deswegen kausal erkrankt sei und um Leib und Leben gefürchtet habe, kann nicht ernsthaft an der Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses bei diesem Arbeitgeber interessiert sein. Er handelt daher rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB), wenn er sich trotzdem bewirbt mit dem Ziel, Entschädigungsansprüche geltend zu machen.
Die Klage im konkreten Fall wurde abgewiesen.
Claudia Thieme
Rechtsanwältin und Notarin
Fachanwältin für Arbeitsrecht